BERLIN (dpa-AFX) - Die Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn (DB)
und Siemens  um die milliardenschwere Bestellung von bis
zu 300 Fernzügen verzögern sich. Die Gespräche könnten sich nun bis
August hinziehen, verlautete aus Bahnkreisen, die damit einen
entsprechenden Bericht der "Financial Times Deutschland" (Montagausgabe)
bestätigten. Hintergrund seien auf EU-Ebene geänderte technische
Normen. Um die Details zu klären, werde man sich die dafür "notwendige
Zeit" nehmen. Die Zeitung berichtete von zähen Gesprächen um
Stückpreis und Ausstattung der Züge. Bahn-Chef Rüdiger Grube hatte im
März das Ziel ausgegeben, den Vertrag bis 16. Juni abzuschließen.

    Ein Bahnsprecher betonte, dass trotzdem weiterhin wie geplant die
ersten sogenannten ICX-Züge 2015 als Nachfolger des Intercitys fahren
sollen. Der Auftrag hat nach bisherigen Bahnangaben ein Volumen von bis
zu 5 Milliarden Euro. Die "FTD" schrieb von einer bis zu 6
Milliarden Euro teuren Bestellung. 

KAUM KONKURRENZ

    Während die Bahn bei Regionalzügen zwischen mehreren Anbietern
wählen kann, halten sich Siemens-Konkurrenten beim sogenannten ICX
angesichts der hohen Investitionen, die der bisher größte
Fahrzeugauftrag der Bahn-Geschichte erfordert, mit Angeboten zurück.
Weltmarktführer Bombardier tritt nur als Subunternehmer von Siemens an.
Der französische Hersteller Alstom   soll laut
Zeitung ein Angebot unterbreitet haben, das bis zu 8 Milliarden Euro
gekostet hätte. Das habe die Bahn als nicht ernst gemeint abgelehnt.
Der japanische Hitachi Zosen-Konzern   habe gar nicht geboten.

    Deshalb ernannte die Bahn Siemens im Januar zum bevorzugten Bieter.
Mit der Bestellung bindet sich die DB im Fernverkehr für mindestens
30 Jahre an Siemens. Die neuen Züge ersetzen ab 2015 alle ICE der
ersten und zweiten Generation sowie die IC-Züge. Für die Bahn ist in
der
Kalkulation entscheidend, wie viel sie pro Sitz später erlösen kann.
Sie will bei einem Zug mit 700 Sitzen laut "FTD" wenig mehr als 30.000
Euro pro Sitz bezahlen. Siemens soll jedoch nicht bereit sein, dafür
serienmäßig die hochwertige Innenausstattung zu liefern. Könnte
Siemens
dagegen einen Preis von 35.000 Euro je Sitz durchsetzen, würde das den
Gesamtauftrag um bis zu eine Milliarde Euro verteuern, so dass die
Bahn am Ende womöglich deutlich weniger als 300 Züge bestellen
könnte./nl/stb/dct